HWS ap nach Gutmann

Sehr geehrte Herr Prof. Ewen,

mein Name ist Corinna Schell und ich arbeite als einzige MTRA in einer orthopädischen Praxis.
Ein externer Arzt fordert seit Jahren die HWS Aufnahme nach Gutmann an. Schon immer zentrierte ich wie es bei einer HWS-Standardaufnahme gefordert wird (nicht nach Gutmann)-> Mitte HWS. Oberer Zentrierungsrand ist der untere knöcherne Rand der Orbita. Jetzt moniert er die Aufnahmen. Er möchte die Zentrierung wie die Aufnahme nach Gutmann es fordert.
Bei der Einstellung dieser Aufnahme wird der ZS um ca. 15° Grad caudo-cranial geführt. Die Zentrierung liegt im ´geöffneten Mund´ (= obere HWS)Das Problem:
Um die gesamte HWS ablichten zu können, muss in der Längsachse soweit aufgeblendet werden, dass die Linsen komplett im Nutzstrahlenfeld liegen.
Meine Fragen:
1. Darf ich das so ausführen?
2. Oder empfiehlt sich eine Zielaufnahme der ersten drei Halswirbel (Vermeidung der Strahlendivergenz) und eine komplette HWS Aufanhme im ap Strahlengang, um die Linsen nur im Streustrahlenbereich zu wissen und somit zu schonen?
3. Oder sind zwei Aufnahmen übertrieben und bewirken keine Linsenschonung?

Dr. med. G. Gutmann lebte von 1911-1990. Ich vermute, dass seine Einstelltechnik nicht dem heutigen Strahlenschutzstandard genügt. Bin mir nicht sicher, ob der Nutzen der Aufnahme die Strahlenbelastung an den Linsen rechtfertigt, oder ob dies zu vernachlässigen ist. Das Hauptaugenmerk liegt bei dieser Aufnahme auf die Atlanto-Okzipital-Gelenke, der Schädelbasisstruktur mit den Kondylenpfeilern, sowie des Mastoids und dem Oberkiefer. Nebenbefundlich die Gesamtachse der HWS.Vielleicht mache ich aus einer Mücke einen Elefanten. Die Aufnahmen werden jedoch bevorzugt bei Kindern und jungen Erwachsenen durchgeführt.

Sollten Sie noch weitere Informationen benötigen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Corinna Schell
corinna.schell
Sehr geehrte Frau Schell, hier die Meinung meines radiologischen Kollegen: Die Anfertigung von HWS-Aufnahmen nach Gutmann erfolgt hauptsächlich im Rahmen der KISS-Abklärung („Kopfgelenk-induzierte Symmetrie-Störung“). Wird das KISS-Syndrom im Säuglingsalter nicht behandelt, soll als Folgeerscheinung das sogenannte KIDD-Syndrom (Kopfgelenk-induzierte Dyspraxie/Dysgnasie) auftreten können. Vor der Behandlung sind umfangreiche Voruntersuchungen notwendig, zu der auch die Röntgenaufnahme der HWS nach Gutmann gehören könnte. Problem ist, dass die Existenz des KISS-Syndroms von der evidenzbasierten Medizin abgelehnt wird. Man kann sicherlich darüber diskutieren, ob vor einer manuellen Therapie, die beim KISS-Syndrom angewendet wird, eine vorherige Röntgenaufnahme zum Ausschluss anderer Pathologien notwendig ist. Eine modifizierte HWS-Untersuchung nach Gutmann mit Darstellung strahlensensibler Bereiche ist aus Strahlenschutzgründen abzulehnen. Mit freundlichem Gruß K. Ewen
Klaus Ewen

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