Bedeutsames Vorkommniss bei diagnostischer Intervention

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Anlage 14 der StrlSchV gilt als Kriterium für die Bedeutsamkeit eines Vorkommnisses bei einer Intervention zum Zweck der Untersuchung eine Überschreitung des Gesamt-Dosisflächenproduktes von 20.000 Zentigray mal Quadratzentimeter.

Wenn jetzt z.B. bei einer DSA Panangiographie das DFP 25.000 Zentigry mal Quadratmeter beträgt und der untersuchende Radiologe "Schwierige anatomische Sondierungsbedingungen" dokumentiert, ist es dann automatisch ein bedeutsames und meldepflichtiges Vorkommniss, weil die 20.000 cGycm2 überschritten sind? Oder ist es gar kein Vorkommniss, weil die erhöhte Dosis aufgrund der schwierigen Sondierungsbedingungen zu erwarten und medizinisch gerechtfertigt war?

MT

Sehr geehrte Anfragerin, sehr geehrter Anfrager,

zunächst sollte noch einmal klargestellt werden, dass ein bedeutsames Vorkommnis (BeVo) keine Ordnungswidrigkeit oder gar Straftat ist, sondern bei komplexen Maßnahmen im Einzelfall durchaus vorkommen kann. Damit ist die Meldung an die Behörde auch nicht mit einer Selbstanzeige gleichzusetzen. Vielmehr kommt der Strahlenschutzverantwortliche einer Meldepflicht ähnlich der Meldung von Infektionskrankheiten nach. Es gibt keinen Hinweis im Strahlenschutzrecht, der die Behörden autorisiert Maßnahmen gegen den Meldenden einzuleiten. Dies kann nur dann erfolgen, wenn ein BeVo nicht gemeldet wird. Die Meldungen dienen dem BfS dazu Probleme beim Umgang mit ionisierenden Strahlen bundesweit zu beobachten und frühzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Sie dienen in keiner Weise dazu einzelne Betreiber zu diskreditieren. 

Nun zur eigentlichen Frage. Grundsätzlich ist jede Überschreitung der Meldeschwelle von 20.000 cGy*cm² bei einer diagnostischen Fluoroskopie meldepflichtig. Im §1 Nr. 22 StrlSchV wird eine Ausnahme genannt mit der man theoretisch jedes Ereignis als nicht meldepflichtig deklarieren könnte. Hier wird das Vorkommnis wie folgt definiert:

Ereignis in einer geplanten Expositionssituation, das zu einer unbeabsichtigten Exposition geführt hat, geführt haben könnte oder führen könnte.

Weit über 90% aller Maßnahmen in der Medizin sind sicher geplant. Ausnahmen wären Patientenverwechslungen etc. Schwieriger wird es bei der Frage, ob eine Exposition beabsichtigt ist. Eine Absicht kann strenggenommen nur zeitlich vor einem Ereignis bekundet werden. Auch hier gilt, dass die Exposition als solche in den allermeisten Fällen nach Stellung der rechtfertigen Indikation beabsichtigt ist. Unklar ist aber, ob die Exposition in der tatsächlichen Höhe beabsichtigt ist. Dies müsste der Untersucher in der rechtfertigen Indikation vorher individuell begründet haben. Für Ihr Beispiel einer diagnostischen zerebralen Panangiographie gibt es leider keinen DRW, der zur Orientierung einer normalen Exposition hinzugezogen werden könnte. Allerdings liegen die DRW für diagnostischen Fluoroskopien zwischen 400 und 3.500 cGy*cm².
Dies ist weit entfernt von jeder Meldeschwelle. Hinzu kommt, dass die Einfalldosis bei kleinen Feldern, wie bei zerebralen Untersuchungen bei gleichem Dosisflächenprodukt (DFP) deutlich höher liegt als bei großen Feldern. Ob diese hohe Exposition tatsächlich von vornerein beabsichtigt war oder durch die schwierige Gefäßsituation einfach während der Untersuchung unbeabsichtigt entstanden ist, soll von unserer Seite nicht bewertet werden.

Da der Fall also eher unbeabsichtig war empfehlen wir hier die Meldung eines bedeutsamen Vorkommnisses an die Behörde.

In jedem Fall sollten die eingesetzten Protokolle der Anlage und das medizinische Vorgehen auf mögliche Optimierungsansätze geprüft werden.

Dr. Jürgen Westhof, Kassel und

Horst Lenzen, Münster

 

 

Jürgen Westhof

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